Ein Bericht aus der Sitzung der Gemeindevertretung am 19.02.15

Die Fraktionen DIE LINKE und CDU/BBS/FDP hatten infolge des Fraktionsaustritts eines Mitglieds aus der CDU/BBS/FDP-Fraktion, der auch Mitglied im Hauptausschuss war, gemeinsam mit Beschlussvorlage 104/2015 die Neubildung des Hauptausschusses beantragt und folgenden Beschlusstext vorgeschlagen.

  1. Auf Grund von Veränderungen der Größe und des Stärkeverhältnisses der Fraktionen bildet die Gemeindevertretung den Hauptausschuss der Gemeinde Schöneiche bei Berlin neu und löst den bisherigen Hauptausschuss hiermit auf.
  2. Dem Hauptausschuss der Gemeinde Schöneiche bei Berlin gehören der Bürgermeister und 7 Gemeindevertreter an, die nach den Maßgaben der Kommunalverfassung gewählt werden.

Die Fraktionen beriefen sich dabei auf § 41 Absatz 6 BbgKVerf und auf § 49 Absatz 2 BbgKVerf.

Diese Regelungen lauten:

  • 41 Abs. 6 BbgKVerf:

„Auf Antrag einer Fraktion ist eine Neubesetzung nach Absatz 2 bis 5 vorzunehmen, wenn die Gemeindevertretung dies mit einer Mehrheit der gesetzlichen Anzahl der Mitglieder beschließt oder wenn sich nach der Wahl das Stärkeverhältnis der Fraktionen in einer Weise geändert hat, dass hiervon die Sitzverteilung nach Absatz 2 berührt wäre.“

  • 49 Abs. 2 BbgKVerf:

„Der Hauptausschuss besteht aus Gemeindevertretern und Bürgermeister als stimmberechtigtem Mitglied. Die Gemeindevertretung legt in ihrer ersten Sitzung die Anzahl der Gemeindevertreter, die Mitglied des Hauptausschusses sind, fest und bestellt die Mitglieder nach § 41 aus ihrer Mitte für die Dauer der Wahlperiode. Die Mitglieder des Hauptausschusses wählen aus ihrer Mitte den Vorsitzenden, sofern nicht die Gemeindevertretung in ihrer ersten Sitzung beschließt, dass der Bürgermeister den Vorsitz des Hauptausschusses führt.“

Nach dem Willen des Gesetzgebers und den Bestimmungen in § 49 BbgKVerf ist der Hauptausschuss (HA) kein vorübergehender Ausschuss, sondern ein Beschlüsse fassender und grundsätzlich auf Dauer angelegter Ausschuss. Deshalb sind die Hürden zur Neubesetzung des HA hoch. Die nach § 41 Absatz 6 BbgKVerf erforderliche Voraussetzungen für eine Neubestellung der Mitglieder des HA waren demnach unstrittig gegeben.

Nach § 49 Absatz 1 Satz 2 BbgKVerf legt die Gemeindevertretung in ihrer ersten Sitzung die Zahl der Gemeindevertreter, die Mitglieder des HA sind, fest und bestellt die Mitglieder nach § 41 BbgKVerf für die Dauer der Wahlperiode.

Die erste Sitzung dieser Wahlperiode war die konstituierende Sitzung. In dieser Sitzung wurde entgegen dem Vorschlag der Unabhängigen Bürger Schöneiche (8 Mitglieder) beschlossen, dass in dieser Wahlperiode der HA insgesamt 7 Mitglieder haben soll, davon 6 GemeindevertreterInnen und der Bürgermeister. Gemäß Kommunalverfassung soll dieser Beschluss nach der Rechtsauffassung von Herrn Jüttner mit der Gesamtzahl 7 bindend für die gesamte laufende Wahlperiode sein. Eine Änderung der Gesamtzahl der Mitglieder des HA sei demnach ist nicht zulässig.

Leider haben die beiden antragstellenden Fraktionen das geschluckt, obwohl den mit der Materie Vertrauten bekannt ist und das Innenministerium selbst festgestellt hat, dass für den HA das rechtlich hoch anzusiedelnde Prinzip der Spiegelbildlichkeit ausschlaggebend ist. Demnach müssen die Mehrheits- und Stärkeverhältnisse der Fraktionen dort diejenigen in der Gemeindevertretung widerspiegeln. Exakt das ist aber bei Beibehaltung von nur 7 Mitgliedern im HA grundsätzlich ausgeschlossen, weil beide antragstellenden Fraktionen nunmehr mit 5 Mitglieder gleich stark sind, aber nur eine zwei Mitglieder und die andere nur ein Mitglied in den HA entsenden kann.

Das Problem ist lediglich, dass die Auswirkungen dieses grundlegenden Prinzips auf den Spezialfall einer Neubesetzung des HA mitten in der Wahlperiode nicht geregelt ist und es diesbezüglich auch keine Einlassungen in der Gesetzesbegründung zur Einführung der Kommunalverfassung gab noch Ausführungen in den den bekannten Kommentaren zur Kommunalverfassung oder gar Gerichtsurteile. Demnach wäre es also nicht nur für Schöneiche sondern für ganz Brandenburg dringend notwendig gewesen diese Fragestellung notfalls abschließend vor dem Verwaltungsgericht zu klären. Leider sind die Fraktionen zu ihrem eigenen Nachteil davor zurück geschreckt obwohl es sich um einen von der Gemeinde zu finanzierenden Organstreit gehandelt hätte. Das bedauern wir sehr.