Was ist da eigentlich historisches auf der letzten Sitzung der Gemeindevertretung fast unbemerkt passiert? Stand doch eine erneute Abstimmung der gemeinsam von der Linken, der CDU/BBS/FDP und der UBS eingebrachten und am 9.7.15 mehrheitlich beschlossenen Beschlussvorlage 134 auf der Tagesordnung.
Wie kann das sein wenn die doch beschlossen wurde, fragen Sie sich?
Dem Herrn Jüttner missfiel die Absicht der Fraktionen in der Geschäftsordnung der Gemeindevertretung auch ein schriftliches Anfragerecht der Fraktionen an die Verwaltung – also an den Herrn Jüttner zu verankern, weshalb er den Beschluss beanstandet hatte. Nach dem Motto: „Die Fraktionen = kleine unmündige Kinder müssen zur Räson gebracht werden und nicht Anfangen Dinge zu tun, die mir nicht gefallen.“
Um diese „Fehlentscheidung“ der Gemeindevertretung wieder zu richten, wurde kein Aufwand gescheut und mit Datum vom 10.9.15 eine achtseitige(!) Begründung vom Herrn Jüttner verfasst und versandt. Darin nimmt er auf § 29 Brandenburgischen Kommunalverfassung (BbgKVerf; Kontrolle der Verwaltung) Bezug, um die vorgebliche rechtliche Unzulässigkeit des Anliegens der Beschlussvorlage und des Beschlusses zu begründen. Dumm nur, dass die beanstandete Beschlussvorlage mit keinem Wort Bezug auf § 29 BbgKVerf nimmt!
Dazu muss man noch wissen, dass die Geschäftsordnung des Kreistages Oder-Spree exakt eine solche Regelung seit September 2008 enthält – und zwar über die Jahre unbeanstandet und immer wieder praktiziert. Darüber hatte Gemeindevertreter und Kreistagsabgeordneter Dr. Philip Zeschmann, Fraktionsvorsitzender der Unabhängigen Bürgert Schöneiche, im Vorfeld der Entscheidungsfindung der Gemeindevertretung auch mehrfach öffentlich in den Fachausschüssen informiert und ein Klärung des vermeintlichen Widerspruchs bei der Kommunalaufsicht in Auftrag gegeben.
Und siehe da zwei Tage vor der Sitzung der Gemeindevertretung und erneuten Entscheidung über die Beschlussvorlage im Rahmen der Beanstandung durch den BM erfuhr er auf telefonische Rückfrage, dass dazu nun eine Positionierung des Innenministeriums vorläge, nach der auf der Basis des § 32 Abs. 3 BbgKVerf durchaus die Möglichkeit besteht in den kommunalen Geschäftsordnungen entsprechende Regelungen einzuführen. Nachfolgend die Ausführen des MI Brandenburg im Wortlaut:
„Nach § 32 BbgKVerf wirken die Fraktionen bei der Willensbildung und Entscheidungsfindung der Gemeinde mit. Nähere Einzelheiten über die Bildung der Fraktionen, ihre Rechte und Pflichten sind nach § 32 Abs. 3 BbgKVerf in der Geschäftsordnung zu regeln. Damit hat der Gesetzgeber einen großen Spielraum vorgegeben, in welchem Fraktionen Rechte und Pflichten durch Geschäftsordnungsregelung gegeben werden können.
Eine Regelung, die den Fraktionen das Recht gibt, in der Sitzung der Gemeindevertretung Anfragen an den Hauptverwaltungsbeamten zu richten, würde in diesen Rahmen passen.
Ein Beschluss einer solchen Geschäftsordnungsregelung wäre rechtswidrig, wenn sie gegen gesetzliche Regelungen verstoßen würde bzw. über den gesetzlich vorgegebenen Gestaltungsrahmen hinausgehen würde. Eine solche Überschreitung sehe ich jedoch nicht.
Zu Ihrer Frage, wie in diesem Zusammenhang die Befangenheitseinschränkung des § 29 Abs. 6 BbgKVerf sowie die Begründung zum Gesetzentwurf, nach der die Rechte nach § 29 BbgKVerf ausschließlich als Recht jedes einzelnen Gemeindevertreters ausgestaltet sind, zu beurteilen sind, ist festzustellen, dass ein solches Auskunftsrecht nicht auf § 29 BbgKVerf gestützt sein würde. Vielmehr kann dies nur in Umsetzung des Gestaltungsspielraums des § 32 BbgKVerf erfolgen.“
Interessant daran ist weiterhin dass es hieß Herr Jüttner hätte diese Stellungnahme bereits erhalten und müsste sie eigentlich an alle Gemeindevertreter zur Information weiter verteilen.
Der anfragende Gemeindevertreter Zeschmann bekam die Ausführungen des MI dann einen Tag vor der Sitzung der Gemeindevertretung und leitete diese natürlich umgehend zur Information der Kollegen weiter. Und was tat Herr Jüttner? NICHTS!
Keine Information, gar nichts!
Die übliche „Informationspolitik“ á la Jüttner eben.
Nach Aufruf des Tagesordnungspunktes in der Sitzung der Gemeindevertretung zog Herr Jüttner seine Beanstandung dann kleinlaut zurück – für Schöneiche ein historisches Ereignis und ein Sieg des Rechts und der engagierten Gemeindevertreter! Nur auf diese Weise konnte er ein Debakel vermeiden.
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