Der Landkreis soll auch eine Ausgleichsfunktion zwischen den kreisangehörigen Städten und Gemeinden und zwischen den unterschiedlichen kommunalen Ebenen wahrnehmen – das verweigern aber die Parteienvertreter in Kreistag und Kreisverwal­tung

Alle Jahre wieder – so könnte man denken – wiederholt sich der Streit um die Höhe der Kreisumlage. Zuerst einmal schien das in diesem Jahr nicht so, denn die Kreisverwaltung hatte bereits eine Absenkung von 40,3 auf 38 % in Aussicht gestellt und dann auch in den Haushaltsentwurf eingeplant, um die kreisangehörigen Städte und Gemeinden ruhig zu stellen. Gleichsam ein süßer Lutscher zur Beruhigung.

Bereits auf der Haushaltsklausur am 27.02.19 zusammen mit den Bürgermeistern und Amtsdirektoren sowie Fraktionsvorsitzenden des Kreistages wurde jedoch schon sehr deutlich dass es nach fast vier Jahren unein­gelöster Versprechen zumindest einem Teil der Bürgermeistern und Amtsdirektoren reicht. So führte Amtsdi­rektor Schröder aus Spreenhagen sogar aus, dass er und sein Amtsausschuss überlegten in einen Boykott zu treten und die Kreisumlage nicht mehr zu zahlen.

Wie konnte es so weit kommen? (nachfolgend Hintergrund)

Bereits zu den Haushaltsberatungen 2015 hatten die kreisangehörigen Städte und Gemeinden massive Ein­wände hinsichtlich der damals im Haushaltsentwurf fixierten prozentualen Höhe der Kreisumlage angemeldet. Der Grund: Über mehrere Jahre hatte die Kreisverwaltung über das Ansammeln von jährlichen Überschüssen im Kreishaushalt einen erklecklichen Berg von Steuergeld angehäuft, der den Städten und Gemeinden nicht mehr zur Verfügung steht die nötigsten und dringendsten Investitionen endlich zu realisieren – wie der Bau oder die Sanierung von Kitas oder Grundschulen oder auch der Ausbau und die Sanierung von innerörtlichen Straßen – um nur zwei wichtige Punkte zu nennen. Damit fehlt uns Bürgern vor Ort dringend benötigte Infra­struktur. Dazu kommt noch die Tatsache, dass gesetzlich Kreisumlage nur für den Zweck des Ausgleichs von Defiziten in einem Kreishaushalt erhoben werden darf. Daher die Forderung den angesammelten Berg an Überschüssen zumindest teilweise an die Städte und Gemeinden zurück zu geben.

Nach langem und intensivem Streit wurde zur Vermeidung von Klagen gemeinsam ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben, dass Wege für eine Kompromissfindung aufzeigte. Danach wäre es auch rechtlich umstrit­ten Gelder vom Kreis direkt zurück an die Städte und Gemeinden zu transferieren. Um dennoch den hohen angesammelten Kassenbestand zumindest indirekt zugunsten der Städte und Gemeinden und damit von uns Bürgern abzubauen, verständigte man sich nach zähem Ringen aufgrund eines Kompromissvorschlages der Brandenburger Vereinigte Bürgerbewegungen / Freie Wähler im Kreistag Oder-Spree darauf, ab dem Haus­halt 2016 defizitäre Haushalte zu planen und zugleich die Kreisumlage abzusenken. Diesen Pfad des Kom­promisses ist man dann – nach dem leider nötigen Druck auf die Kämmerei – mit den Haushalten 2016, 17 und 18 gemeinsam gegangen. Leider jedoch ohne das Ziel eines nachhaltigen Abbaus der Überschüsse des Kassenbestandes im Kreishaushalt zu erreichen. Der Kassenbestand reduzierte sich nicht, sondern wuchs von Jahr zu Jahr weiter an!

Deshalb forderten die Städte und Gemeinden bei jeder Vorlage eines Haushaltsentwurfs der Kreisverwaltung auf weniger vorsichtig zu planen und mit einem höheren geplanten Defizit ins Jahr zu starten, denn alle Jahresab­schlüsse ergaben – erfreulicher Weise für öffentliche Haushalte – immer größere Überschüsse statt der geplanten Defizite. Leider verhallte diese Forderung beim Kämmerer mehr oder weniger ungehört, weshalb nunmehr mindestens einigen Städten und Gemeinden der Kragen geplatzt ist. Beispielsweise fordert die Stadt Fürstenwalde die Kreisumlage nochmal um mindestens die durchschnittliche Planabweichung der letzten 10 Jahre abzusenken (vgl. Schreiben der Stadt Fürstenwalde vom 29.03.19)

„Wenn hier nicht endlich etwas passiert, eskaliert der Streit mit den Städte und Gemeinden erneut und die Jahre der Annäherung seit 2015 und das damals gemeinsam in Auftrag gegeben Rechtsgutachten wären vollkommen umsonst gewesen!“ so Philip Zeschmann, Fraktionsvorsitzender von Brandenburger Vereinigte Bürgerbewegungen / Freie Wähler im Kreistag Oder-Spree, bereits vor einem Jahr im Finanzausschuss.

Bitte nicht wieder alles auf Anfang!

Auf der Sitzung des Kreistags am 3. April brachte Philip Zeschmann im Rahmen der Debatte um die Verab­schiedung des Haushalts 2019 noch einen anderen Aspekt in die Debatte ein: „Haben oder erreichen wir mit dem vorliegenden Haushalt eine fairen finanziellen Ausgleich zwischen dem Landkreis einerseits und den kreis­angehörigen Städten, Gemeinden und Ämtern andererseits?“ fragte er.

Da gebe es in Oder-Spree Städte, die ihre Tätigkeit als kommunale Verwaltung vor Ort für unsere Bürger schon seit Jahren nur noch durch die Aufnahme von erheblichen Kassenkrediten aufrecht erhalten können! An wichtige Investitionen vor Ort sei da überhaupt nicht zu denken. Weiterhin gäbe es Städte und Gemeinden, die trotz vieler Jahre guter Konjunktur und angeblich sprudelnder Steuereinnahmen für die öffentlichen Haushalte in Deutschland seit Jahren mit Haushaltssicherungskonzepten leben müssten, die jeweils von der Kommunal­aufsicht zu genehmigen sind. Auch hier ist es schon seit Jahren nicht möglich auch nur die allernötigsten Investitionen vor Ort für die Bürger endlich umzusetzen.

„Ist das fair gegenüber diesen Städten, Gemeinden und Ämtern? Gegenüber den zufällig dort lebenden Bürgern? Offensichtlich nicht. Also haben wir offenkundig schon seit vielen Jahren erhebliche finanzielle Ungleichgewichte zwischen den beiden kommunalen Ebenen und sind weit von einem fairen Ausgleich zwischen dem Landkreis einerseits und den kreisangehörigen Städten, Gemeinden und Ämtern andererseits entfernt!“ brachte er es auf den Punkt.

Das Geld fehle also bei den Bürgern vor Ort schmerzlich. Dagegen werden im Landkreis eben diese Steuer­mittel immer höher aufgetürmt. In der Spitze bis zu 74,4 Mio. € Rücklagen aus Überschüssen!

Offenkundig sei der Ende 2015 vereinbarte Abbau dieser Überschussrücklagen eben nicht erfolgt, so dass die Stadt Fürstenwalde nun berechtigter Weise fordert die Kreisumlage nochmals mindestens um die durch­schnittliche Planabweichung der letzten 10 Jahre abzusenken (was im Ergebnishaushalt 9,6 Mio. € wären). Dieser Forderung schloss sich Zeschmann mit seiner Fraktion an und beantragte dies als Änderungsantrag, der natürlich mit großer Mehrheit abgelehnt wurde.

„Ich halte es für einen schwerwiegenden Fehler nicht endlich für einen fairen Ausgleich zwischen dem Land­kreis einerseits und den kreisangehörigen Städten, Gemeinden und Ämtern andererseits zu sorgen, denn so eskaliert die Auseinandersetzung mit den kreisangehörigen Städten und Gemeinden erneut und eine gegen­seitige Blockade durch Klagen droht die öffentlichen Haushalte in unserer Region zum Nachteil für uns Bürger zu lähmen.“ so Zeschmann dazu.

 

Dr. Philip Zeschmann

BVB / FREIE WÄHLER im Kreistag, Tel.: 0171 / 35 80 589, E-Mail: kontakt@philip-zeschmann.de