Parteienstaat? Wir müssen mehr Demokratie wagen !

Zum Thema „Parteienstaat“ und wer ihn abschaffen will oder nicht, sind die Gemüter erhitzt und die Presse reagiert über. Während durch die Politik der AfD, siehe den Beitrag meines Abgeordneten-Kollegen Hünich und des Fraktionsvorsitzenden Dr. Berndt, ein MEHR anstelle von weniger Demokratie gefordert wird, finden sich in der Presse durchweg verzerrte Darstellungen hierzu.

Welche Wege kann und sollte es für mehr direkte Demokratie geben?

Parteien vereinnahmen alles und jedes. Zum Beispiel sind sie an der Besetzung der Richter an den Landesverfassungsgerichten aber auch am Bundesverfassungsgericht maßgeblich beteiligt. Ebenso gilt dies für Besetzung der Leitungspositionen der Landes- und des Bundesrechnungshofs, sowie des Präsidenten des Verfassungsschutzes in den Ländern und im Bund. Demnach „kontrollieren“ sie sich und ihr Regierungshandeln selbst. Das sollte jedoch nicht so sein. Die angesprochenen Institutionen sollen ja gerade die Politik kontrollieren und sicherstellen, dass sich immer und zu jeder Zeit an Recht und Gesetz gehalten wird.

Wie können wir die parteipolitische Übernahme und Durchdringung zurückschrauben?

Durch mehr bürgerschaftliche Mitbestimmung im Prozess der politischen Willensbildung und Entscheidungsfindung.

Das wäre durch Beteiligungs- und Mitwirkungsmöglichkeiten neben den Parteien möglich. Dazu müssten entsprechende Verfahren jedoch jederzeit durch die Bürger abrufbar sein bzw. angestoßen werden können und diese in den Prozess der parlamentarischen Demokratie eingebettet und also institutionalisiert sein.

Geeignete Verfahren zu einer frühzeitigen Beteiligung von Bürgern politischen Willensbildungs- und Entscheidungsfindungsprozess könnten dabei sein:

– Ratschlagverfahren

– Planungszellen

– Zukunftswerkstätten

– planning for real

Diese Verfahren haben unterschiedliche Schwerpunktsetzungen und sind mehr oder weniger darauf gerichtet mit und durch die Bürger Lösungsvorschläge für die jeweils anstehenden Problemstellungen entwickeln zu lassen.

Wichtig wäre es weiterhin, sicherzustellen, dass die Ergebnisse dieser Beteiligungs- und Mitgestaltungsverfahren auf der jeweiligen politischen Ebene auch noch im zugehörigen Gremium/Parlament behandelt werden müssten, damit die Ergebnisse nicht in irgendwelchen „Büro-Schubfächern“ landen und enden.

Die Erfahrung aus der wissenschaftlichen Begleitforschung zur freiwilligen Durchführung solche Verfahren zeigt, dass die Ergebnisse/Vorschläge der Bürger im zugehörigen Gremium/Parlament zumeist aufgenommen und umgesetzt wurden.

Angeboten müssten solche Verfahren zunächst einmal systematisch über ein Partizipationsmanagement in unseren Städten und Gemeinden. Dazu sollten sie ebenfalls als Bestandteil unserer Demokratie in der Kommunalverfassung normiert werden. Als nächste Schritt sollten aufbauend auf den so gesammelten Erfahrungen diese Instrumente auch auf Landesebene eingeführt werden.

Der große Unterschied und vielleicht auch Vorteil im Vergleich zu Volksinitiativen und Volksbegehren   bestünde darin, dass die Bürger nicht erst ganz am Ende einer öffentlichen Diskussion nach einem „Ja“ oder „Nein“ gefragt werden, sondern sehr frühzeitig die Diskussion um die beste Lösung des jeweiligen Problems mit eigenen Vorschlägen mitgestalten könnten. Sollte es über den parlamentarischen Weg zu keiner Entscheidung kommen, kann am Ende immer noch der Weg über eine Volksinitiative, ein Volksbegehren und ggf. einen Volksentscheid gegangen werden.